| GAIA-X: Europas digitale Zukunft als Totgeburt |
Bei diesem Beitrag handelt es sich um die Meinung von kali.
Einzig diejenigen Leser, die aktiv diverse IT-Newsticker verfolgen, werden mit „GAIA-X“ wohl etwas anfangen können – was nicht zuletzt an der bisheriger Erfolgsgeschichte hust des Projekts liegt – Vergleiche zur DE-Mail (welche man ebenfalls nicht kennen muss) wären wohl angemessen…
Ein kleiner Rückblick:
Bereits im Oktober 2019 wurde von Wirtschaftsminister Altmeier und seinem französischen Amtskollegen Le Maire die Gründung einer ”Europäischen Cloud” ausgerufen. Im Gedächtnis blieb dabei vielen wohl eher sein darauf folgender Sturz von der Bühne. Ein Omen…
Doch immerhin die Versprechen des Ministers hatten es in sich: Von den fähigsten und vertrauenswürdigsten europäischen Unternehmen auf europäischen Rechenzentren betrieben, sollte GAIA-X das Monopol Amerikas schwächen und Europa’s Wirtschaft stärken. Cloud, made in EU! Keine Behördendaten in China, keine Kundendaten in Amerika, endlich eine europäische Alternative auf dem modernsten Stand der Technik! Es hätte so schön sein können…
Doch mit guten Grund mokierte Heise.de bereits sehr früh das Gründungsdokument, in dem auf 10 Seiten ganze 14 Mal die digitale ”Souveränität” in den Mittelpunkt gerückt wird.
Wer sich darunter nichts vorstellen kann: ”Digitale Souveränität” bezeichnet die Unabhängigkeit von fremden technischen Systeme. So sollten etwa Internet- oder Serverausfälle im Ausland nach Möglichkeit keine Auswirkungen auf den Betrieb der eigenen Infrastruktur haben. ich erinnere an dieser Stelle etwa an die Schwierigkeiten, auf MacBooks beliebige Programme zu öffnen, nachdem Apple’s Signing-/Trackingserver sich verabschiedet hatten
Mit gutem Grund, wie sich bald zeigte. Denn leider hielten diese guten Vorsätze deutlich kürzer als erwartet – was bei unserem ohnehin angeknacksten Vertrauen in europäische Digitalprojekte durchaus etwas heißen soll.
So fanden sich im Lineup für Projekt GAIA-X nach kurzer Zeit diverse Tech-Giganten aus dem Europäischen Raum um diese europäische Souveränität hochzuhalten:
- Amazon AWS, der beliebte Bücherhändler aus dem Rheintal!
- Alibaba Cloud, das allseits beliebte französische Familienunternehmen
- Huawei als berliner Startup darf natürlich auch nicht fehlen
- Google Cloud, das europäische Traditionsunternehmen
- Microsoft als Vertreter der Italienischen Wirtschaft
- und Intel als Griechenland’s größtes Privatunternehmen
… und nein, Amazon stammt nicht wirklich aus dem Rheintal:(
Aber nicht nur die europäische Souveränität, auch die Vertrauenswürdigkeit der Partnerunternehmen stand leider unter keinem guten Stern, seit ”Palantir Technologies” eingebunden wurde: Ein US-Unternehmen bekannt für höchst invasive Überwachungstechniken, mitfinanziert von der CIA, ein Vorreiter des ”predictive policing” (der Vorhersage von Verbrechen – lass dich verhaften für noch nicht begangene Verbrechen!), BigData Lieferant des US-Militärs, von der SZ als ”eine der umstrittensten Firmen des Silicon Valley” betitelt. Vertrauenswürdig genug, Europas digitale Zukunft mitzugestalten? Offenbar schon.
Wenig verwunderlich ist daher, dass inzwischen erste Gründungsmitglieder wie etwa vor Kurzem der französische Cloudanbieter Scaleway dem Projekt ihre Unterstützung entzogen.
Wie es nun weiter geht? Ich bin selbst gespannt – aber zuversichtlich dass an vergangene Erfolge wie die initial erwähnte DE-Mail angeknüpft werden wird! Falls sich diesbezüglich noch etwas tut sollte, werde ich Euch selbstverständlich auf dem Laufenden halten.
~kali